Kirchen

Niklaskirche

Die Claskirche zu Tann

Foto: Gerhard Gilbert

Historisches

Die Kirche Sankt Nikolaus – auch Clas- oder Niklaskirche genannt – wurde schon im Jahre 1400 als Pfarrkirche auf dem Friedhof erwähnt. Später war sie, der Friedhof mit einbegriffen, mit dem gegenüberliegenden Hospital in der sog. St. Nikolaus- Stiftung vereint. Im Jahre 1601 wurde sie unter Melchior Arnak von der Tann und dem damaligen Pfarrer Hieronymus Pfnörr gründlich renoviert. Melchior Arnak (gest. 1609) wählte sie auch zu seiner und seiner Gattin Agnes, geb. Schutzbar von Milchling, Begräbnisstätte.

Bis zur Erbauung der ersten Stadtkirche im Jahre 1564 war die Claskirche, da sie sich auf dem Friedhof befand, Begräbnis- und zugleich Pfarrkirche. Im Jahr 1741 wurde diese alte und baufällig gewordene Kirche (Fachwerkkirche) abgebrochen und über dem Epitaph und den Grüften mit einem Neubau in massiver Steinbauweise begonnen. 1745 konnte als letzter Bauteil der Turm vollendet und das Kreuz da­rauf angebracht werden. Als im Jahre 1879 die Stadtkirche dem großen Brand zum Opfer gefallen war, benutzte man die Claskirche 10 Jahre lang als Hauptkirche.

Nach 1945 diente sie, bis zur Erbauung einer eigenen Kirche im Jahre 1955, der katholischen Flüchtlingsgemeinde als Gotteshaus.

Erhebliche Verfallserscheinungen führten zu ihrer Renovierung in den Jahren 1957/60 und erneut 2011/12. Die Kanzel stammt noch aus der alten abgebrochenen Kirche; das Kruzifix, das Werk eines oberfränkischen Meisters aus dem 17. Jahrhundert, ist wie der Altar eine Stiftung. Zahlreiche jahrhundertealte Grabsteine an den Innenwänden der Kirche sind neben dem Epitaph beredte Zeugen längst vergangenen Lebens.

Kirchanlage

Die evangelische Niklaskirche ist ein barocker Putzbau aus dem Jahre 1741. Das Schiff hat drei Fensterachsen mit flachbogigen Fenstern und Rundfenstern darüber. Die Ecklisenen an Schiff und Turm sind mit zahlreichen Steinmetzzeichen versehen.

Der an der Ostseite vorgestellte Glockenturm hat von unten hohe Flachbogenfenster, Rundfenster, ein Gurtband, kurze Flachbogenfenster und rundbogige Schallfenster. Die Bekrönung bildet eine doppelte Schweifkuppel mit offener Laterne. Die Westfassade hat zwei hohe und ein kurzes Flachbogenfenster sowie ein kleines Rundfenster. Das rechteckige Hauptportal mit profilierter und geohrter Rahmung besitzt eine gesprengte Segmentverdachung mit dem Wappen der Freiherrn von der Tann. Auf dem Scheitelstein ist die Jahreszahl 1741. Das südliche Seiten­portal hat einfache Rechteckrahmung. Der Innenraum mit Flachdecke und segment­ bogiger Altarnische birgt ein barockes Kruzifix über dem Altar und eine schlichte barocke Kanzel mit Rokokoornamenten. Die Orgelempore ruht auf Holzpfosten. Eine kleine, von Werner Bosch, Kassel, 1960 erbaute Orgel mit vier Registern hat einen barocken Prospekt mit Mittelrundturm, zwei Spitztürmen und zwei Außenfeldern, daran Akanthusornamente. Er stammt aus Nordshausen bei Kassel, wohin er aus Neudietendorf bei Erfurt gekommen war.

Glocke

Im Glockenturm der Niklaskirche hängt eine spätmittelalterliche Glocke um 1500 mit dem Schlagton f (Ave- oder Angelusglocke, Türkenglocke). Sie hat am Hals zwischen Reifen folgende Umschrift in gotischen Minuskeln: ave maria + geracia +plena + domnus +tecum

(Gruß dir, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir). Über dem Schlagring ein Wulst. Es wird vermutet, dass es noch eine zweite Glocke gegeben hat. Diese ist aller Wahrscheinlichkeit nach im ersten Weltkrieg auf den Glockenfriedhof nach Hamburg gekommen. Sollte zwischen den Kriegen ebenfalls eine zweite Glocke exis­tiert haben, so ist diese während des zweiten Weltkrieges ebenfalls nach Hamburg gekommen. Nach den damaligen Bestimmungen musste die wertvollere Glocke in der Kirche verbleiben.

Renaissancegrabmahl

An der linken Seitenwand steht das prächtige Renaissancegrabmahl des Melchior von der Tann (+ 1608), das schönste seiner Art im Fuldaer Land. Es ist in den Formen deutscher Renaissance aus Sandstein gearbeitet und farbig behandelt:

Auf einem Sockel mit zwei rechteckigen, von Rollwerk umrahmten Inschriftenkartuschen erheben sich zwei korinthische Säulen, deren unterer Teil bis zu einem Ring mit Rollwerk und Knopfornamenten verziert ist. Dazwischen knien vor einem hohen Kruzifix die vollplastischen Figuren des Verstorbenen in Ritterrüstung mit Helm zu Füssen und seiner Gattin. Das Rund­bogenfeld im Hintergrund ist schmucklos, während die Zwickel mit Rollwerk gefüllt sind. Auf dem Architrav und den seitlichen Pilastern sind sechzehn Ahnenwappen mit Schriftbändern verteilt (von innen n. außen und oben n. unten):

(links) THANN; SCHENCK Z. S., MANSBACH, SCHENCK Z. S., WEIS VO FAURACH, TRÜMBACH, GÖRTZ, (rechts) MILCHLING, BREITENBACH (gen. Breidenstein), DROH, HOTZFELD, BELLERSAM (Bellersheim), BERLIPSCH FORSTMEISTER DERSCH.

Seitlich der Pilaster Rollwerk. Das verkröpfte Gebälk ist reich ornamentiert und trägt zwei allegorische Figuren (Glaube mit Kelch und Hoffnung mit Anker). In der Mitte, wohl an Stelle der Liebe, Relief der Auferstehung Christi zwischen zwei Atlanten. Darüber ein weiteres Gebälk mit Dreieckgiebel, geflügeltem Engelskopf und drei Putten mit Sanduhr, Totenkopf, Blashorn und Schild mit Innschrift: „HODI MIHI, CRAS TIBI“ (Heute mir, morgen dir). Eine Inschrift über dem Kruzifix lautet: „DV LEST MICH ERFAHREN VIEL VND GROSSE ANGST VND MACHST MICH WIDER LEBENDIG VND HOLEST MICH WIDER AVS DER TIEFE DER ERDEN PSALM 71“.

Auf dem linken Teil des Sockels lesen wir folgende Inschrift in römischer Kapitale:

„HOC MONUMENTUM SIBI ET VXORI SVAE PUDICISSIMAE ET NOBILISSIMAE AGENTI DE MILCHLINGNORVM FAMILIA VIVVS ADHVC STATVIT VIR NOBILIS AC STRENVVS MELCHIOR ANARCH DE THANN QVI PRIMVM ANNIS XV FVLDENSIIN ROCKENSTVL DEIN XXIV IN PRAEFECTVRA BISCHOFSHEIMB WIRCENBCRGICO PRAESVLI SERVIERAT FIDELITER COGITABAT SCILLICET POST ANNOS QVOS VIXERAT PIVSCVLOST TANDEM SVPRESSE SIBI SEPVLCHRVM HIC SEPELIRI VVLT AD DECRETORIVM ILLVM DIEM ANIMAM TIBI O DEVS COMMENDAT. ABSIS LIVOR ABI LECTOR MOX SECVTVRE ET BENEDIC MANIBVS: ANNO CHRISTI 1608 31 MAU AETATIS 79“.

(„Dieses Grabmal setzte, noch lebend, sich und seiner züchtigen und edlen Gattin Agnes aus der Familie der von Milchling der adelige und gestrenge Herr Melchior Anark von der Tann, der zuerst 15 Jahre auf dem fuldischen Schloss Rockenstuhl, dann 24 Jahre in dem würzburgischen Amt Bischofsheim als Amtmann treu gedient hatte. Er dachte freilich, dass nach den Jahren, die er fromm gelebt hatte, zuletzt ihm ein Grabmal bleibe. Hier will er begraben sein bis zu jenem Entscheidungstag. Seine Seele empfiehlt er Dir, o Gott. Sei ferne, Neid, geh, o Leser, der du bald folgen wirst, und spende Segen den Seelen der Verstorbenen. Im Jahr Christi 1608 31. Mai im Alter von 79“).

Die rechte Inschrift in barocken Buchstaben lautet:

„Melchior Anarch gschlechts von der Than Hett gelebt viel Jahr mit Fleiß; Agnes seine he gmahlin Milchlings stam Recht adelich from und weiß; Christlicher lieb und tugendreich Richtend all sach zum besten; Haben Gott geehrt gezeugt zugleich Gleich der Oliv bäum aesten; Voll Zucht und trew adelich 13 kindt Ohn tadl mit frucht und grüne; Mach Gott die auch Zur tugent gsinnt Tröst seegn und leyt des Sohne; Sihe an dein Gschöpff und mach zugleich Theilhaft demb geists und name; Seelig o Here in Deinem Reich Ewig hier und dort Amen.“

Quellen:
Erwin Sturm, „Die Bau- und Kunstdenkmale des Fuldaer Landkreises“ | „Kleiner Führer von Tann“, 1973 | „Tann im Ulstertal“

Orgelsanierung Niklaskirche

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