Die Kirche in Habel
Historisches
Die Dorfkirche zu Habel ist eine in den Jahren 1782 – 1784 entstandene Barockkirche, die als Erweiterung einer Kapelle aus dem 14. Jahrhundert gebaut wurde. 1785 wurde der Innenraum durch Friedrich Ley aus Tann malerisch gestaltet. Ihm sind wohl die Bilder auf der Emporenbrüstung, die biblische Darstellungen zeigen, zuzuschreiben. Auch die Kirchendecke wurde von ihm gestaltet und mit Engelsdarstellungen versehen, die vermutlich schon damals Gesichter von Menschen aus seinem Bekanntenkreis zeigten.
Im Rahmen einer umfangreichen Renovierung in den Jahren 1962-64 wurde auch die Kirchendecke erneuert. Im Anschluss daran erfolgte die schlichte Ausmalung des Deckengewölbes und freier Wandflächen durch den Rhöner Kunstmaler Walter Niebergall aus Hilders mit den einzigartigen Engelsdarstellungen. Der Maler porträtierte dazu Bewohner aus Habel und andere Menschen aus seinem Bekanntenkreis. Für einige Engelsdarstellungen nahm er als Vorlagen Illustriertentitel, mit Abbildungen berühmter Persönlichkeiten seiner Zeit, wie Marilyn Monroe und Jane Russel.
Eine Kapsel, die bei der Grundsteinlegung der Kirchenerweiterung von 1782 im Turm eingelassen wurde, trägt den Text:
„Hier soll ein Haus Gottes erneuert werden,
und zu diesem Heiligtum wird heute, dem 6. Juni 1782 der Eck- und Schlußstein gelegt.
O, möchte es doch für alle Menschen, die darinnen aus- und eingehen
eine Pforte und Vorhof des Himmels werden.“
So entspricht es den Gedanken der Erbauer der Kirche, wenn die Besucher heute von Engeln empfangen werden.
Das traditionsreiche Geschlecht der Herren von und zu der Tann stellt seit 1543 die Patrone der Kirche in Habel. Diesem Patronat ist auch die Einführung des evang.-lutherischen Bekenntnisses zu dieser Zeit zu verdanken.Das Patronat wird zur Zeit von Kilian Reichsfreiherr von und zu der Tann-Rathsamhausen wahrgenommen. Der Stammsitz der Patronatsfamilie liegt in Tann/Rhön, wo sie das Schloss bewohnt.
Die Kirche hat 160 Sitzplätze. Die Bewohner Habels erhalten sie gemeinsam mit großem Engagement und äußerster Sorgfalt. Selbstverständlich sind bei sogenannten Gemeindetagen, an denen sauber gemacht, die Außenanlagen gepflegt oder Reparaturen durchgeführt werden, alle Bewohner des Ortes beteiligt.
Kirchanlage
Die evangelische Niklaskirche ist ein barocker Putzbau aus dem Jahre 1741. Das Schiff hat drei Fensterachsen mit flachbogigen Fenstern und Rundfenstern darüber. Die Ecklisenen an Schiff und Turm sind mit zahlreichen Steinmetzzeichen versehen.
Der an der Ostseite vorgestellte Glockenturm hat von unten hohe Flachbogenfenster, Rundfenster, ein Gurtband, kurze Flachbogenfenster und rundbogige Schallfenster. Die Bekrönung bildet eine doppelte Schweifkuppel mit offener Laterne. Die Westfassade hat zwei hohe und ein kurzes Flachbogenfenster sowie ein kleines Rundfenster. Das rechteckige Hauptportal mit profilierter und geohrter Rahmung besitzt eine gesprengte Segmentverdachung mit dem Wappen der Freiherrn von der Tann. Auf dem Scheitelstein ist die Jahreszahl 1741. Das südliche Seitenportal hat einfache Rechteckrahmung. Der Innenraum mit Flachdecke und segment bogiger Altarnische birgt ein barockes Kruzifix über dem Altar und eine schlichte barocke Kanzel mit Rokokoornamenten. Die Orgelempore ruht auf Holzpfosten. Eine kleine, von Werner Bosch, Kassel, 1960 erbaute Orgel mit vier Registern hat einen barocken Prospekt mit Mittelrundturm, zwei Spitztürmen und zwei Außenfeldern, daran Akanthusornamente. Er stammt aus Nordshausen bei Kassel, wohin er aus Neudietendorf bei Erfurt gekommen war.
Glocke
Im Glockenturm der Niklaskirche hängt eine spätmittelalterliche Glocke um 1500 mit dem Schlagton f (Ave- oder Angelusglocke, Türkenglocke). Sie hat am Hals zwischen Reifen folgende Umschrift in gotischen Minuskeln: ave maria + geracia +plena + domnus +tecum
(Gruß dir, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir). Über dem Schlagring ein Wulst. Es wird vermutet, dass es noch eine zweite Glocke gegeben hat. Diese ist aller Wahrscheinlichkeit nach im ersten Weltkrieg auf den Glockenfriedhof nach Hamburg gekommen. Sollte zwischen den Kriegen ebenfalls eine zweite Glocke existiert haben, so ist diese während des zweiten Weltkrieges ebenfalls nach Hamburg gekommen. Nach den damaligen Bestimmungen musste die wertvollere Glocke in der Kirche verbleiben.
Renaissancegrabmahl
An der linken Seitenwand steht das prächtige Renaissancegrabmahl des Melchior von der Tann (+ 1608), das schönste seiner Art im Fuldaer Land. Es ist in den Formen deutscher Renaissance aus Sandstein gearbeitet und farbig behandelt:
Auf einem Sockel mit zwei rechteckigen, von Rollwerk umrahmten Inschriftenkartuschen erheben sich zwei korinthische Säulen, deren unterer Teil bis zu einem Ring mit Rollwerk und Knopfornamenten verziert ist. Dazwischen knien vor einem hohen Kruzifix die vollplastischen Figuren des Verstorbenen in Ritterrüstung mit Helm zu Füssen und seiner Gattin. Das Rundbogenfeld im Hintergrund ist schmucklos, während die Zwickel mit Rollwerk gefüllt sind. Auf dem Architrav und den seitlichen Pilastern sind sechzehn Ahnenwappen mit Schriftbändern verteilt (von innen n. außen und oben n. unten):
(links) THANN; SCHENCK Z. S., MANSBACH, SCHENCK Z. S., WEIS VO FAURACH, TRÜMBACH, GÖRTZ, (rechts) MILCHLING, BREITENBACH (gen. Breidenstein), DROH, HOTZFELD, BELLERSAM (Bellersheim), BERLIPSCH FORSTMEISTER DERSCH.
Seitlich der Pilaster Rollwerk. Das verkröpfte Gebälk ist reich ornamentiert und trägt zwei allegorische Figuren (Glaube mit Kelch und Hoffnung mit Anker). In der Mitte, wohl an Stelle der Liebe, Relief der Auferstehung Christi zwischen zwei Atlanten. Darüber ein weiteres Gebälk mit Dreieckgiebel, geflügeltem Engelskopf und drei Putten mit Sanduhr, Totenkopf, Blashorn und Schild mit Innschrift: „HODI MIHI, CRAS TIBI“ (Heute mir, morgen dir). Eine Inschrift über dem Kruzifix lautet: „DV LEST MICH ERFAHREN VIEL VND GROSSE ANGST VND MACHST MICH WIDER LEBENDIG VND HOLEST MICH WIDER AVS DER TIEFE DER ERDEN PSALM 71“.
Auf dem linken Teil des Sockels lesen wir folgende Inschrift in römischer Kapitale:
„HOC MONUMENTUM SIBI ET VXORI SVAE PUDICISSIMAE ET NOBILISSIMAE AGENTI DE MILCHLINGNORVM FAMILIA VIVVS ADHVC STATVIT VIR NOBILIS AC STRENVVS MELCHIOR ANARCH DE THANN QVI PRIMVM ANNIS XV FVLDENSIIN ROCKENSTVL DEIN XXIV IN PRAEFECTVRA BISCHOFSHEIMB WIRCENBCRGICO PRAESVLI SERVIERAT FIDELITER COGITABAT SCILLICET POST ANNOS QVOS VIXERAT PIVSCVLOST TANDEM SVPRESSE SIBI SEPVLCHRVM HIC SEPELIRI VVLT AD DECRETORIVM ILLVM DIEM ANIMAM TIBI O DEVS COMMENDAT. ABSIS LIVOR ABI LECTOR MOX SECVTVRE ET BENEDIC MANIBVS: ANNO CHRISTI 1608 31 MAU AETATIS 79“.
(„Dieses Grabmal setzte, noch lebend, sich und seiner züchtigen und edlen Gattin Agnes aus der Familie der von Milchling der adelige und gestrenge Herr Melchior Anark von der Tann, der zuerst 15 Jahre auf dem fuldischen Schloss Rockenstuhl, dann 24 Jahre in dem würzburgischen Amt Bischofsheim als Amtmann treu gedient hatte. Er dachte freilich, dass nach den Jahren, die er fromm gelebt hatte, zuletzt ihm ein Grabmal bleibe. Hier will er begraben sein bis zu jenem Entscheidungstag. Seine Seele empfiehlt er Dir, o Gott. Sei ferne, Neid, geh, o Leser, der du bald folgen wirst, und spende Segen den Seelen der Verstorbenen. Im Jahr Christi 1608 31. Mai im Alter von 79“).
Die rechte Inschrift in barocken Buchstaben lautet:
„Melchior Anarch gschlechts von der Than Hett gelebt viel Jahr mit Fleiß; Agnes seine he gmahlin Milchlings stam Recht adelich from und weiß; Christlicher lieb und tugendreich Richtend all sach zum besten; Haben Gott geehrt gezeugt zugleich Gleich der Oliv bäum aesten; Voll Zucht und trew adelich 13 kindt Ohn tadl mit frucht und grüne; Mach Gott die auch Zur tugent gsinnt Tröst seegn und leyt des Sohne; Sihe an dein Gschöpff und mach zugleich Theilhaft demb geists und name; Seelig o Here in Deinem Reich Ewig hier und dort Amen.“
Quellen:
Erwin Sturm, „Die Bau- und Kunstdenkmale des Fuldaer Landkreises“ | „Kleiner Führer von Tann“, 1973 | „Tann im Ulstertal“